Impulskontrolle und Achtsamkeit: Strategien für ADHS und Autismus-Spektrum-Störungen

Impulskontrolle und Achtsamkeit spielen eine entscheidende Rolle im täglichen Leben, insbesondere für Menschen mit ADHS und Autismus-Spektrum-Störungen (ASS). Während Impulsivität bei ADHS oft mit spontanen Handlungen und Schwierigkeiten bei der Selbstregulation verbunden ist, kann sie sich bei ASS in Form von plötzlichen Reaktionen auf sensorische Reize oder rigiden Denkmustern äußern. Achtsamkeit kann hier eine wertvolle Unterstützung sein, um besser mit diesen Herausforderungen umzugehen.

Impulskontrolle – Warum sie so schwierig ist

Die Impulskontrolle ist eng mit den Exekutivfunktionen des Gehirns verbunden, die unter anderem für Planung, Selbstregulation und Entscheidungsfindung zuständig sind. Bei Menschen mit ADHS sind diese Funktionen oft weniger ausgeprägt, was zu schnellen, unüberlegten Reaktionen führen kann. Bei Autismus können Impulse durch eine sensorische Überforderung oder durch ein starkes Bedürfnis nach Routine ausgelöst werden.

Ein zentraler Punkt bei der Impulskontrolle ist die Selbstwahrnehmung. Ohne diese ist es kaum möglich, Impulse bewusst zu steuern. Genau hier setzt Achtsamkeitstraining an: Es hilft, körperliche und emotionale Reaktionen frühzeitig zu bemerken und bewusst wahrzunehmen, bevor eine Handlung erfolgt. Ein Beispiel: Ich spüre, dass mein linkes Ohr juckt. Bevor ich kratze, nehme ich das Jucken bewusst wahr. Oder: Das Telefon klingelt, ich verspüre den Drang, nachzuschauen, wer anruft – bevor ich reagiere, zähle ich langsam bis drei. Diese bewusste Unterbrechung schafft einen Moment der Entscheidung und kann helfen, impulsives Verhalten zu regulieren.

Achtsamkeit als Gegenstrategie

Achtsamkeit bedeutet, den gegenwärtigen Moment bewusst wahrzunehmen, ohne ihn sofort zu bewerten oder darauf zu reagieren. Dies kann helfen, Impulse zu erkennen, bevor sie in Handlung übergehen, und so einen Moment des bewussten Innehaltens zu schaffen.

Praktische Achtsamkeitsübungen zur Förderung der Impulskontrolle:

  1. Atemübungen – Tiefe, bewusste Atemzüge helfen, impulsive Reaktionen zu verzögern und das Nervensystem zu beruhigen.

  2. Body-Scan – Durch das achtsame Wahrnehmen des Körpers kann eine bessere Selbstwahrnehmung entstehen, die hilft, frühzeitige Impulse zu erkennen.

  3. 5-4-3-2-1-Methode – Eine einfache Technik, um sich durch bewusste Sinneswahrnehmungen (5 Dinge sehen, 4 Dinge fühlen usw.) im Hier und Jetzt zu verankern.

  4. Pausen einbauen – Vor einer Reaktion innerlich bis drei oder zehn zählen, um eine bewusste Entscheidung zu treffen.

Spezifische Strategien für ADHS und ASS

Für Menschen mit ADHS:

  • Bewegung als Ventil: Impulse lassen sich oft durch körperliche Aktivität abbauen. Kurze Bewegungspausen oder Sport können helfen, überschüssige Energie zu regulieren.

  • Externe Hilfsmittel nutzen: Visuelle Erinnerungen oder Apps zur Selbstregulation können helfen, Impulse bewusst zu steuern.

  • Routinen etablieren: Strukturierte Abläufe reduzieren die Notwendigkeit spontaner Entscheidungen und bieten Sicherheit.

Für Menschen mit ASS:

  • Sensorische Reize regulieren: Kopfhörer, Sonnenbrillen oder sensorische Hilfsmittel helfen, Überreizung zu vermeiden und somit impulsive Reaktionen zu minimieren.

  • Soziale Skripte und Routinen nutzen: Feste Abläufe geben Orientierung und erleichtern die Impulskontrolle in sozialen Situationen.

  • Alternative Ausdrucksformen entwickeln: Nicht jede Reaktion muss verbal erfolgen. Zeichnen, Schreiben oder technische Hilfsmittel können eine unterstützende Rolle spielen.

Fazit

Impulskontrolle ist für Menschen mit ADHS und ASS eine besondere Herausforderung, aber sie kann mit Achtsamkeit und gezielten Strategien verbessert werden. Die bewusste Wahrnehmung eigener Impulse sowie Techniken zur Selbstregulation ermöglichen mehr Kontrolle im Alltag und helfen, mit Reizen und Emotionen konstruktiver umzugehen. Ein individuell abgestimmter Ansatz ist entscheidend, um nachhaltige Verbesserungen zu erzielen.

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ADHS, ASS und Selbstwert: Zwischen Herausforderungen und Selbstakzeptanz

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